Mein 1. Trailabenteuer im Odenwald
Viele vom Marathon-Team Ketsch wissen noch nicht, dass es seit 5 Jahren einen „ Jokertrail“ vor unserer Haustür gibt.
Gestartet wird er mit max. 100 Teilnehmern in Heidelberg auf dem Kornmarkt. Die Strecke führt mit etwa 52 Kilometer und ca. 1900 Höhenmeter durch den Odenwald und wieder zurück zum Kornmarkt/ Lotte Backpackers Hotel.
Nach meiner Vorbereitung im Dezember und Januar steckte mir dieser Lauf immer wieder im Kopf, um dort mitmachen zu können. Ich zögerte mit der Anmeldung, weil ich wegen des Wetters noch Bedenken hatte.
Ende Januar lief ich in Rodgau eine flache 50 km Strecke als Test und beschloß, mich zum Jokertrail anzumelden. Leider zu spät. Er war ausgebucht. Ich gab aber die Hoffnung nicht auf und versuchte über soziale Medien durch eine evtl. Absage eines Teilnehmers an eine Startnummer zu kommen. Erst am 19. Februar bekam ich durch Zufall doch noch die Möglichkeit und fast kalte Füße, ob ich wirklich ernsthaft in 5 Tage starten möchte. Die Berge um Heidelberg waren von Schnee bedeckt, Glatteis und bis -8 Grad Celsius. Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte ich.
Gunter Wiedemann und Thomas Imhof unterstützten mich 2 Tage vorher, um über GPS Geräte die Streckenführung hinzubekommen, welche dann noch am Donnertag davor wegen Glatteis und Streckensperrungen im Wald geändert werden musste.
Alle Starter bekamen noch eine Liste, die jeder mitführen musste, unter anderen auch Yaktrax / Spikes/ Snowlines für Schnee und Eis, min. 1 Liter Getränke, Riegel, trockene Socken und Oberteile usw.
Am Freitagabend beim Briefing wurde uns alles noch einmal geschildert, was uns erwartet und ich fragte mich: „ Wo bin ich gelandet???“...lach. Es gab aber für mich kein Zurück mehr.
Ich habe erst jetzt das Wort „Trail“ richtig verstanden und danach auch gespürt. Die schlechten Wege führten durch Singletrail bis hin zu fast unwegsamen Teilstücken, welche jeder für sich durch sein mitgeführtes GPS Gerät finden musste. Die Wegstrecke konnte man über Internet herunterladen und nach Zieleinlauf musste man nachweisen, dass auch nicht abgekürzt wurde. ( Viele Starter hatten zum Schluss auch bis zu 2-3 Kilometer mehr gelaufen, weil sie sich im Wald verlaufen hatten)
Am 24.2.18 um 7:30 Uhr starteten die gemeldeten Sportler bei -3 Grad in Heidelberg. Sie erwarteten keine Absperrungen, keine Wegmarkierungen und auch kein Chip oder eine Startnummer.
Man musste sich bei jeder Verpflegungsstelle mit Namen melden, wo auch die Durchlaufzeiten notiert wurden.
Das erste Teilstück führte 1 km lang in der Altstadt und danach durch den Schlosspark hoch bis zur Himmelsleiter. Nach einigen Treppenstufen mussten wir uns „aufrüsten“. Es wartete auf jeder Treppenstufe der Himmelsleiter Schnee und Eis auf uns. Ohne Yaktrax/ Snowlines wäre es lebensgefährlich gewesen, bis zum Königstuhl hoch zu steigen. Von dort aus durch das Felsenmehr runter und hoch zum Auerhahnkopf. Viele sehr schmale vereiste Wege, welche man finden musste. Leider bin auch ich 2 Mal kurz falsch abgebogen, so wie viele andere auch. Das Läuferfeld zog sich ganz schnell auseinander. Ich kam immer wieder zu einem Mitläufer, Wolfgang G., der mir den richtigen Weg zeigte. Sein Tempo konnte ich mithalten. Zudem wollte ich auch meine Kräfte einteilen, weil einige Höhenmeter auf uns warteten und ich mich nicht ständig verlaufen wollte. Ich entschloss mich, bei ihm zu bleiben. Wichtig war für mich nicht die Zeit, sondern anzukommen. Von Neckargemünd nach Schlierbach/ Ziegelhausen durften wir unser einziges flache Teilstück bis zur 1. Verpflegungsstelle ohne Anstrengung etwas genießen. Ina Scherer wartete auf mich. Ich wechselte kurz mein Buff und Handschuhe gegen trockene und lief mit Wolfgang weiter los. Von dort aus ging es nur Berg hoch. Neben ausgespülten Wegen bis zum langen Kirschbaum. Es war ein Zeitlimit von 4,5 Stunden gesetzt, um an der 2. Verpflegungsstelle zu sein, sonst hätte man nur einen verkürzten Weg mitlaufen dürfen.
Kurz vorher wartete Carola und Joachim Pitsch mit heißer Brühe und trockener Bekleidung auf mich. Ich wechselte nach ca. 22 Kilometer meine Oberteile und nahm etwas zum Trinken mit. Leider war ich nicht schnell genug und verlor meinen Mitläufer Wolfgang. Ich eilte ihm hinterher und nahm, durch mehrere Abzweigungen, auch noch den falschen und längeren Weg zum Parkplatz Langer Kirschbaum, wo ich ihn dann aber wieder fand. Unser Zeitlimit haben wir nach 3:53 Minuten erreicht, durften weiter Richtung Wilhelmsfeld und Altenbach auf einen Rundkurs von 15,5 Kilometer und einigen Höhenmetern. Wir trafen immer wieder Leute, die sich verlaufen oder das Tempo reduziert haben, weil bei einigen die Kräfte etwas nachließen. Die Bergabpassagen waren oft vereist. Es gab einige Stürze mit leichteren Verletzungen bei den Läufern, die nicht immer Spikes trugen. Wir kamen gut durch und erreichten unsere Verpflegungsstelle Nr. 3 erneut am Langen Kirschbaum. Wir füllten unsere Trinkreserven auf und nahmen etwas zum Essen mit und hielten uns nicht lange auf. Es wehte ein kalter Wind bei ca. -2 Grad und man fror schnell. Wir liefen unsere letzte Etappe hoch zum Weißen Stein, wo alles vereist war. Von dort aus ging es runter nach Altmühltal. Der letzte Anstieg noch zum Heiligenberg und über den Philosophenweg, den Schlangenweg und zurück in die Altstadt zum Kornmarkt. Viele Trails, manchmal Straßen.
Gemeinsam erreichten wir bei Sonnenschein nach 7:53 Stunden das Ziel. Alle glücklich und stolz trafen sich im Hotel zu netten Gesprächen kurz bevor sich alle auf den Heimweg machten. Insgesamt finishten 63 Männer und 15 Frauen.
Ich landete auf Platz 8.
Fazit:
Es war nicht mein längster, aber mein härtester Lauf, den ich bisher gemacht habe. Durch die Kälte, die Höhenmeter, die Streckensuche und die Trailstücke ist dies ein ganz anderes Laufevent, als solche, die man unter Laufwettkämpfen kennt.
Es war bestimmt nicht mein letzter „Jokertrail“.
Mein Mitläufer Wolfgang ist ein erfahrener Trailläufer, was ich aber erst später erfahren habe. Bis jetzt hat er alle 5 Jokers gemeistert. Er finishte letztes Jahr den längsten Nonstop Ultralauf in Deutschland, den Golgsteig Ultrarace mit 661 Kilometern. Ich bin dankbar, dass ich mit ihm laufen durfte und er mich, ohne uns zu Verlaufen, ins Ziel gebracht hat.
Es sind einige berühmte Ultra Trailläufer aus Österreich und der Schweiz dabei gewesen. Ich bin beeindruckt, mit welch einem Läuferfeld ich mitlaufen durfte und bin dankbar und stolz, diese Erfahrung gemacht zu haben.
Weitere Infos:
www.meldeläufer.de
Für nächstes Jahr ist wieder eine 52 Kilometer/ ca. 2000 Höhenmeter und eine 15 Kilometer/ ca. 1000 Höhenmeter Strecke geplant.